Enzo Ferrari und sein Rennstall

Mein Schulreferat von 1985

Enzo Ferrari wurde am 18. Februar 1898 in Modena, im mittelständisch-behaglichen Wohl- stand, geboren. Allein nach italienischem Recht ist es aber der 20. Februar. Dies kommt daher, dass zur damaligen Zeit ein schwerer Schneesturm seinen Vater davon abhielt, ins Rathaus zu gehen, um die Geburt seines Sohnes protokollieren zu lassen. Sein Vater Alfredo Ferrari, ein Eisenbahnzulieferant, war schon damals einer der wenigen, die ein Auto besaßen. Der Vater hoffte, seinen beiden Söhnen Enzo und Alfredo - Alfredo war der ältere - durch eine bessere Schulbildung größere Zukunftschancen einräumen zu können. In seinen Memoiren schrieb jedoch Enzo Ferrari: "Ich hatte eine abgrundtiefe Abneigung gegen das Lernen, ich wollte arbeiten." Nach vier Jahren Grundschule und weiteren 3 Jahren Handelsschule beschloss Enzo, seinen eigenen Weg zu gehen.

Den ersten Kontakt zu Rennwagen hatte Enzo im Alter von 10 Jahren. Alfredo Ferrari nahm seine beiden Söhne mit nach Bologna zu einem Autorennen über öffentliche Straßen. Das Rennen machte auf Enzo einen großen Eindruck, der ihn später einmal in diese Richtung leiten sollte.

Zuvor hatte Enzo drei große Berufsträume: Operettensänger, Sportjournalist und Rennfahrer. Wegen seiner "schlechten Stimme und des schlechten Gehörs", so Enzo Ferrari, reichte es nicht zu seiner ersten Berufsvorstellung. Im Alter von 12 Jahren hatte schließlich sein Entschluss festgestanden: Er wollte Rennfahrer werden. Der Sportjournalismus sollte jedoch zum Teil in Erfüllung gehen. Mit 16 schrieb er für die Lokalzeitung "Gazzetta dello Sport" in Modena. In den 30ern war er zweieinhalb Jahre Berater des "Corriere dello Sport" in Bologna.

Ferrari's Leben bestand aus Freud und Leid, Sieg und Niederlage. 1916 hatte Enzo zwei Schicksalsschläge hinzunehmen: Erst verstarb sein Vater an einer Lungenentzündung, und kurz darauf sein Bruder an einem Leiden, das er sich beim Militärdienst zugezogen hatte

Im Jahre 1917 wurde Enzo als Soldat bei einer Artillerieabteilung der Gebirgsjäger in Val Seriana einberufen. Dort diente er zuerst als Schmied und später als Flugmotor-Mechaniker. Im Winter 1918, nach langem Lazarettaufenthalt, verließ Ferrari die Armee als Kriegsver- sehrter, nachdem er zwei schwere Operationen am Brustkorb ertragen mußte. Er bewarb sich, mit einem Empfehlungsschreiben von seinem Oberst, bei FIAT. Dort bekam er jedoch eine Absage. Sein erster Arbeitgeber wurde Giovanni in Turin, der leichte LKW's mit neuem Chassis versah. Ferrari mußte sie testen und zu ihren neuen Kunden überführen. Bei diesen Fahrten ging er öfters in die Mailänder Bar "del Nord" und lernte dort Rennfahrer und andere Sportsleute kennen. Einer dieser Rennfahrer besorgte ihm eine besser bezahlte Stelle bei CMN als Testfahrer.

Am 05. Oktober 1919 startete er mit CMN beim Parma Poggio di Berceto-Rennen und be- legte den 4. Platz. Seinen Einstieg bei Alfa Romeo feierte Ferrari am 24. Oktober 1920 mit einem 1. Platz bei der Targa Florio in Sizilien. In insgesamt 12 Rennjahren erreichte er zahlreiche Platzierungen und 11 Siege. In den 20ern heiratete er Laura Carello.

Am 16. November 1929 gründete Enzo seinen ersten eigenen Rennstall, die "Societa Anomina Scuderia Ferrari", ein Betreuungsunternehmen für Alfa-Romeo Fahrzeuge, das erstmals am 12. und 13. April 1930 mit drei Wagen an den Start ging. Kurz nach der Geburt seines Sohnes Alfredo (19. Januar 1932 / der Erstgeborene der Familie Ferrari trug stets diesen Namen) hängte Enzo 1932 mit einem 2. Platz beim Tre Province-Rennen den aktiven Sport an den Nagel und agierte danach nur noch als Rennleiter der Alfa-Mannschaft. Der Rennstall lief so gut, dass er mit den von ihm eingesetzen Alfa's die Grand Prix Szene 1932 und 1933 gegen Bugatti und Maserati nach Belieben beherrschte. Die zweite Saison war der Auftakt einer fünf Jahre dauernden Periode, in der der in finanzielle Nöte geratene Hersteller (dessen Leitung bald unter staatliche Fittiche genommen wurde) Ferraris Rennstall offiziell als Werksteam agieren ließ. Die Scuderia blieb von Alfa jedoch unabhängig, und das schwarze Pferd auf gelbem Grund löste das Alfa-Emblem des grün-weißen Kleeblatts an den Werkswagen ab.

Das schwarze Pferd auf gelbem Grund hat er übrigens seiner aktiven Rennfahrerkarriere zu verdanken. Es gibt zwar zwei oder drei Versionen der Geschichte des Cavallino Rampante, aber die bekannteste ist diese: 1923 erhielt Enzo das sich aufbäumende Pferd als Glücks- bringer von den Eltern des im ersten Weltkrieg gefallenen Kampffliegers Francesco Baracca. Baracca malte das Pferd auf dem Rumpf seines Kampfflugzeuges nachdem er in Rom zum "Ritter der Lüfte" gekrönt wurde. Ferrari nahm jedoch bei der Verwendung einige Verän- derungen an seinem Wappen vor: Er retuschierte die Konturen des Pferdeleibes und wählte statt der weißen Hintergrundfarbe ein warmes Gelb bzw. Gold - die heraldischen Farben seiner Heimatstadt Modena.

Alfa stieg 1939 wieder selbst in den Rennsport ein und bot Ferrari den Posten des Rennleiters an. Er löste die Scuderia auf und zog nach Mailand. Ferrari's Arbeit als Rennleiter sollte nur ein Jahr anhalten. Er beendete seine Arbeit bei Alfa Romeo nach einigen Auseinanderset- zungen mit dort beschäftigten Ingenieuren.

An Weihnachten 1939 fällte Ferrari den Beschluss, den ersten eigenen Rennwagen zu bauen. So entstand der Vettura 815 (8 Zylinder, 1500 ccm). Ferraris Firma hieß noch "Auto Avio Costruzioni", weil er vertraglich den Namen Ferrari vier Jahre lang nicht verwenden durfte. Während des 2. Weltkrieges waren Rennwagen nicht so gefragt, und so baute Ferrari zu dieser Zeit Werkzeugmaschinen. 1943 siedelte Ferrari von Modena nach Maranello um. Die neuen Gebäude bekamen 1944 und 1945 zwei schwere Bombentreffer mit. Doch der Aufbau war beschlossene Sache.

1947 kam der erste echte Ferrari unter dem Namen 125/GT heraus. Das erste Exemplar stand am 11. Mai 1947 in Piacenza zu seinem ersten Rennen an der Startlinie. Franco Cortese startete von der Pole Position, den 1. Startplatz, und führte bis zwei Runden vor Schluss, als die Benzinpumpe festging. Dieser Ferrari feierte jedoch zwei Wochen später, am 25. Mai 1947, seinen ersten Sieg in Rom, und es sollten noch 3 weitere in den nächsten 5 Rennen sein. Hier begann das wohl bemerkenswerteste und dauerhafteste Engagement im Automobilrennsport, das die Welt je erlebte.

Noch vor Ende der Rennsaison wurde der Tipo 125-Motor mit 1,5 Litern von den Motoren- bauern aufgebohrt, und so entstand über den Winter ein Tipo 166-Motor mit 2 Litern Hubraum. Im Januar 1948 ging ein Exemplar diesen Typs als erster verkaufter Ferrari in die Annalen ein.

1948 wurde für die noch junge Firma Ferrari zu einem epochemachenden Jahr. Im Sommer gewann ein Tipo 166 sowohl die Mille Miglia als auch die Targa Florio, die beiden pre- stigeträchtigsten Rennen der Appenin-Halbinsel. Als internationalen Erfolg konnte sich die Scuderia den Sieg der 12 Stunden von Paris sichern. 1949 lief es für Ferrari auf der Renn- strecke noch besser als im Vorjahr. Ferrari gewann nicht weniger als 32 Rennen, inklusive Targa Florio und Mille Miglia. Der wichtigste Sieg in diesem Jahr war jedoch am 25. bzw. 26. Juni 1949 bei den 24 Stunden von Le Mans, dem berühmtesten Langstreckenpokal der Welt.

1950 wurden die Grundabmessungen des Basistriebwerks vergrößert, der Motor in einigen Details geändert und so entstand ein Vertreter einer neuen, hubraumstärkeren Motoren- generation. Sie begann mit einem 3322 ccm großen V12, wuchs aber schnell bis zum 4494 ccm großen Formel-1-Motor, namens Tipo 375. Er schöpfte aus seinem Hubraum 380 PS bei 7500 U/min. Dieser Motor wurde für Ferrari die Wunderwaffe in der 51er Formel 1-Saison, so dass die Scuderia den Erz-Rivalen Alfa schlug.

1952 gewann Ferrari seine erste Weltmeisterschaft mit Alberto Ascari, der alle 6 Rennen, bei denen er startete, gewann. 1953 wurde er mit 5 Siegen wieder Weltmeister, aber die Sieges- serie wurde 1954 durch Mercedes-Benz völlig kaltgestellt. Im Jahr 1956 holte sich Ferrari mit Juan Manuel Fangio zum dritten Mal den Weltmeistertitel, aber Enzo hatte wieder einen schweren Schicksalsschlag hinzunehmen.

Sein Sohn Dino starb am 30. Juni 1956, im Alter von 24 Jahren, nach langem Kampf an Multipler Sklerose. Dino war ein fleißiger Student mit einem ausgeprägtem Gespür für Kraftfahrzeugtechnik. Bereits in jungen Jahren entwickelte er eine ganze Serie neuer Ferrari V6 Motoren, deren Klang er nie zu hören bekam. Als der Motor später in Produktion ging, prangte der Kosename Dino als Schriftzug auf den Ventildeckeln, sogar eine komplette Modellserie trug seinen Namen. Quasi als bittersüßen Nachruf gewann Ferrari mit dem V6 1958 und 1961 mit Mike Hawthorn und Phil Hill, dem Vater des jetzigen Formel 1 Fahrers Damon Hill, die Weltmeisterschaft.

Nun, da Dino tot war, konzentrierte sich Enzos Energie auf eine alternative Erbfolge für die mittlerweile beachtliche Firma. Im Sommer 1963 führte er die berühmt-berüchtigten Ver- handlungen mit der amerikanischen Ford-Motor-Company. Ferrari lehnte jedoch in letzter Sekunde ab, weil er nur die Entscheidungsgewalt über Projekte bis 50.000 $ haben sollte. Sechs Jahre später, am 18. Juni 1969, übernahm FIAT, wo man Ferrari einst die Tür gewiesen hatte, 40% mit Option auf weitere 49% im Falle seines Ablebens. Enzo blieb weiterhin Chef der Firma und alleiniger Herrscher der Rennabteilung.

1972 ließ Enzo Ferrari eine hauseigene Renn- und Teststrecke in Fiorano, ganz in der Nähe seiner Firma, bauen. Diese simuliert die schwierigsten Abschnitte der bekanntesten Renn-strecken der Welt. Da Enzo nie ein Rennen oder Tests besuchte, war er so stets über die letzten Testergebnisse seiner Boliden informiert.

Die nächsten Weltmeisterschaften folgten 1964 mit John Surtees, 1975 und 1977 mit Niki Lauda und 1979, der letzten gewonnenen Weltmeisterschaft, mit Jody Scheckter. Auf Ferrari holten noch zahlreiche bekannte Rennfahrer wie Graf Berghe von Trips, Jackie Ickx, Clay Regazzoni, Carlos Reutemann, Gilles Villeneuve, Michele Alboreto, Nigel Mansell, Alain Prost und Gerhard Berger viele Grand Prix Siege. Die Scuderia Ferrari ist mit insgesamt über 5000 Rennsiegen in den verschiedensten Kategorien und 15 Weltmeisterschaftstiteln, davon allein 9 in der Formel 1, der erfolgreichste Rennstall der Welt.

1988 feierte Enzo seinen 90. Geburtstag. Über den Sommer verschlechterte sich sein Gesundheitszustand zusehends, und er starb am Sonntag, den 14. August 1988. Der Mythos Enzo Ferrari wird aber immer in den Herzen der Anhänger und der Fans dieser Automobilmarke weiterleben. Ferrari hat übrigens nie selbst ein Auto konstruiert oder gebaut, er hat immer nur die besten und fähigsten Leute gefunden und zu sich gezogen.

Ferrari wird heute von seinem Präsidenten Luca di Montezemolo, unter den Fittichen von Fiat, geleitet. Der Rennstall, zu dem Michael Schumacher gewechselt ist, ist theoretisch mit dem größten Budget (ca. 100 Mio. Dollar für eine Saison), den besten Konstrukteuren (Osamu Goto / Motoren, John Barnard / Chassis) und einem sehr erfolgreichen Rennleiter, Jean Todt, der beste Rennstall. Für 1996 heißt es aber für Michael Schumacher und Eddie Irvine, Schumachers neuem Teamkollegen, das komplett neue Auto, erstmals in der Geschichte von Ferrari mit einem V10, auf Leistung und Standhaftigkeit zu bringen. Mit den ersten Tests in Estoril/Portugal war Schumacher auf jedem Fall zufrieden. Vielleicht klappt es aber 1997 mit einem erneuten, langerhofften Weltmeistertitel für Ferrari. Die Tifosi, so werden die Fans in Italien genannt, wären auf jeden Fall aus dem Häuschen und würden Schumi vergöttern, und Italien hätte einen neuen Feiertag.

Enzo Ferrari und sein Rennstall - Meilensteine

 18.02.1898Enzo Ferrari wird in Modena geboren
 1908Enzo besucht mit seinem Vater und seinem Bruder sein erstes Autorennen in Bologna
 1914Beschäftigung für die Lokalzeitung "Gazetta dello Sport"
 1916Sein Vater stirbt an einer Lungenentzündung und sein Bruder an einem Leiden, das er sich beim Militärdienst zugezogen hatte
 1917 - 1918
Enzo wird Soldat bei den Gebirgsjägern in Val Seriana
 1918Enzo arbeitet bei Giovanni in Turin
 05.10.1919 Erstes Rennen mit CMN beim "Parma Poggio di Berceto Rennen --> 4. Platz
 24.10.1920Erstes Rennen mit Alfa Romeo bei der Targa Florio --> 1. Platz
 1923Ferrari erhält das "Cavallino Rampante" von Baracca´s Eltern
 
16.11.1929
Gründung der "Società Anomina Scuderia Ferrari" - ein Betreuungsunternehmen für Alfa Romeo Fahrzeuge
 
19.01. 1932
Sohn Alfredo (Dino) wird geboren
 1932Enzo hängt nach einem 2. Platz beim "Tre Province Rennen" seinen aktiven Sport an den Nagel Januar
 1939Enzo wird Rennleiter bei Alfa Romeo Weihnachten
 1939Ferrari fällt den Beschluß eigene Rennwagen zu bauen: Vettura 815 unter "Auto Avio Construzioni"
 1943Ferrari zieht nach Maranello um 1947 Erster echter Ferrari: 125 GT
 11. 05.1947
Erstes Rennen unter Ferrari in Piacanza
 25. 05.1947
Erster Sieg mit dem 125 GT
 1948Erstes erfolgreiches Jahr: Sieg bei der Mille Miglia, Targa Florio und bei den 12 Stunden von Paris
 25./26.06.1949Erster Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans - internationale Durchbruch
 1951Ferrari schlägt Erz-Rivalen Alfa Romeo
 19521. Weltmeisterschaft durch Alberto Ascari
 19532. Weltmeisterschaft durch Alberto Ascari
 19543. Weltmeisterschaft durch Juan Manuel Fangio
 30.06.1956Sohn Dino stirbt im Alter von 24 Jahren
 19584. Weltmeisterschaft durch Mike Hawthorm
 19615. Weltmeisterschaft durch Phil Hill
 18.06.1969FIAT übernimmt 40% von Ferrari (mit weiteren 49% als Option bei Ableben Enzo Ferrari´s)
 19646. Weltmeisterschaft durch John Surtees
 1972Bau der hauseigenen Renn- und Teststrecke in Fiorano
 19757. Weltmeisterschaft durch Niki Lauda
 19778. Weltmeisterschaft durch Niki Lauda
 19799. Weltmeisterschaft durch Jody Scheckter
 14.08.1988Enzo Ferrari stirbt im Alter von 90 Jahren in Modena, aber der Mythos lebt weiter . . . . .